Unser Brandenburg-Plan

Sebastian Walter

Krisenhilfe sicherstellen. Sozial-ökologische Transformation gestalten. Investitionen in Krisenfestigkeit und Zukunftsfähigkeit.

 

Klimakrise, Preiskrise, Coronakrise, Krieg in der Ukraine, wachsende regionale Disparitäten, Bildungsnotstand – anhaltende und sich überlagernde Krisen bestimmen unsere Zeit. An den Menschen in Brandenburg gehen diese Entwicklungen nicht spurlos vorbei. Im Gegenteil: Die Verunsicherung in der Bevölkerung ist so groß wie nie.

Das zeigt auch der aktuelle Brandenburg-Monitor. Viele Menschen rechnen angesichts der hohen Inflation mit einer deutlichen Verschlechterung ihrer eigenen finanziellen Lage, sie fürchten die Rezession, bangen um ihre Jobs und haben zunehmend die Sorge, ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können. Und das nicht zu Unrecht! Die Mehrkosten sind enorm, während die Entlastungspakete im Alltag kaum ankommen. Selbst wer ganz anständig verdient, muss fürchten, von den hohen Kosten erdrückt zu werden. Der Sparkassenverband rechnet damit, dass sich der Anteil derjenigen, die ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung einsetzen müssen, dieses Jahr auf 60 Prozent erhöht. Bislang betraf dies gerade einmal 15 Prozent. Haushalte mit einem Nettoeinkommen von 3600 Euro und weniger müssten demnach auf Ersparnissen zurückgreifen – sofern sie denn welche haben. Was wir erleben, ist nichts weniger als ein Abstieg der Mittelschicht.

Vor allem aber verschärft die Inflation die soziale Ungleichheit: Wer ohnehin wenig oder nichts hat, den trifft die Krise besonders. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Und die soziale Infrastruktur, welche die Ärmsten unterstützen soll, strauchelt selbst. Für viele ist die aktuelle Situation existenzbedrohend. Das Gefühl, mit den Folgen dieser Krisen allein gelassen zu werden, lässt nicht nur die Zustimmungswerte der Regierungen schwinden, sondern es führt zunehmend auch zu Vertrauensverlusten in das Funktionieren unserer Demokratie. Schlimmstenfalls führt es zu einer Abwendung von der Demokratie.

Angesichts dieser Situation braucht es eine Politik der Entschlossenheit und Weitsicht, verantwortungsvolles und vorausschauendes Handeln im Sinne der Mehrheit. Es geht darum, die Menschen im Land einerseits bestmöglich vor den Folgen der Preiskrise zu schützen und das Land andererseits zukunftsfest aufzustellen. Es geht um widerstandsfähige staatliche Strukturen, die den künftigen Herausforderungen gewachsen sind, gleichwertige Lebensverhältnisse herstellen sowie den sozial-ökologischen Umbau des Landes sicherstellen.

Die beschriebene Negativentwicklung ist schließlich nicht naturgegeben. Sie ist die Folge konkreter politischer (Nicht-)Entscheidungen. Und sie ist demnach durch eine andere Politik umkehr- und veränderbar. Wir wollen eine lebenswerte Zukunft und ein gutes Leben für alle. Es geht uns um eine Gesellschaft der Chancen, die in Zeiten der Unsicherheit Sicherheit bietet und Perspektiven schafft. Dafür müssen wir jetzt die Voraussetzungen schaffen. Uns ist klar: Jeder Euro, den wir heute nicht in die Stabilisierung unserer Wirtschaft, in die Zukunftsfähigkeit unseres Staates und in den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft investieren, wird später um ein Vielfaches zu Buche schlagen. Es geht um einen Brandenburg-Plan. Mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 wollen wir die Weichen stellen. Dabei arbeiten wir nach einem Drei-Säulen-Modell:

 

Säule 1: Handlungsfähigkeit des Staates sicherstellen – ein Haushalt, der sich an realen Bedarfen orientiert

Der Haushaltsentwurf der Landesregierung gefährdet die Handlungsfähigkeit des Staates, da er sich nicht an den realen Bedarfen orientiert. In verschiedenen Bereichen sind strukturelle Mehrausgaben schlicht notwendig. Es ist ferner nicht hinnehmbar, dass die Landesregierung die sog. freiwilligen Ausgaben einfach fortschreibt. Eine Fortschreibung bei gleichzeitig anziehenden Preisen bedeutet faktische Kürzungen. U.a. beantragen wir deshalb:

  • Die Einführung der vollen Kitabeitragsfreiheit (195 Mio. Euro für 2023; 160 Mio. Euro für 2024)
  • Die Deckelung des Essensgeldes für Hort/Kita/Schule (80 Mio. Euro pro Jahr)
  • Die langfristige Absicherung von Schulen mit multiprofessionellen Teams und zusätzlichem Unterstützungs-personal und Schulsozialarbeit an jeder Schule (40 Mio. Euro pro Jahr plus 5,3 Mio. Euro pro Jahr)
  • Die Streichung des Vorwegabzugs bei den Kommunen (95 Mio. Euro pro Jahr)
  • Zuschüsse für die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter (ca. 10 Mio. Euro pro Jahr)
  • Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren Ausbau Erneuerbare Energien (2 Mio. Euro pro Jahr)
  • Die Unterstützung der Tafeln (1 Mio. Euro pro Jahr)
  • Die Förderung der Arbeitsmarktintegration (500.000 Euro pro Jahr)

 

Säule 2: Akute Hilfe in der Krise sicherstellen – ein Schutzschirm für Brandenburg

In der aktuellen Situation geht es um die Sicherung von Existenzen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Landesregierung Maßnahmen zur Krisenbekämpfung im Haushalt nahezu komplett ausspart und diese ausschließlich über ihr Brandenburg-Paket abwickeln will. Ein Haushalt, der nicht einmal versucht, Antworten auf die aktuellen Krisen und die daraus resultierenden Probleme der Menschen zu geben, ist in Zahlen gegossene Politikverweigerung. Es braucht schnelle und umfassende Hilfe, um die Menschen, die Betriebe und die soziale Infrastruktur im Land zu schützen sowie Perspektiven für einen solidarischen Weg aus der Krise zu schaffen. Wir beantragen deshalb unter anderem:

  • Ein Härtefallfonds für Bürgerinnen und Bürger, deren Existenz infolge der hohen Preise bedroht ist (150 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Nothilfen für die Unternehmen (200 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Ein Schutzschirm für Pflege- und Rehaeinrichtungen in Form von Zuschüssen für die Betriebskosten (10 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Ein Rettungsschirm für die soziale Infrastruktur im Land (100 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Ein Schutzschirm für die Kommunen (600 Mio. Euro auf zwei Jahre)

 

Säule 3: Investitionen in Transformation, Resilienz und soziale Sicherheit – ein Zukunftsprogramm für Brandenburg

Insbesondere die Coronakrise und die Preiskrise haben uns ganz konkret Defizite und Fehlstellen vor Augen geführt. Es geht nun darum, Lehren zu ziehen und unser Land zukunftsfest aufzustellen. Dafür braucht es umfassende Investitionen in die Herstellung von gleichwertigen Lebensbedingungen, in die Schaffung krisenfester staatlicher Strukturen sowie in die sozial-ökologische Transformation. Die Lösung der ökologischen Frage begreifen wir dabei zuvorderst als soziale Frage. Unter anderem beantragen wir deshalb:

  • Die Einrichtung eines Klima- und Transformationsfonds (400 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Die Anpassung des KIP Bildung an die tatsächlichen Bedarfe mit Stand 2022 (700 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Investitionen zur Umsetzung der Verkehrswende im kommunalen ÖPNV (240 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Die Einrichtung eines energetischen Sanierungsprogramms Sozialer Wohnungsbau (500 Mio. Euro auf zwei Jahre)
  • Ein Programm Bürgernetze mit Gründung einer Landesnetzagentur zur Unterstützung der Kommunen beim Rückkauf der Energienetze (100 Mio. Euro auf zwei Jahre)

Bei den für das Drei-Säulen-Modell notwendigen Ausgaben orientieren wir uns an der von der Finanzministerin genannten Zahl von 5 Milliarden Euro, die laut ihrer Aussage eigentlich notwendig wären, um die Krisenfolgen für die Menschen in Brandenburg abzufedern und notwendige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes zu tätigen. Insgesamt erfordern unsere Vorschläge eine Nettokreditaufnahme in Höhe von ca. 4,77 Mrd. Euro. Die strukturellen Mehrausgaben (Säule 1) belaufen sich dabei auf 1.149.616.900 Euro. Die Kosten für einen Schutzschirm (Säule 2) sind mit 1.146.000.000 Euro veranschlagt. Die Investitionen belaufen sich auf 2.475.300.000 Euro (Säule 3).

Insgesamt bringt die Fraktion damit 118 Änderungsanträge ein. Bei 41 davon schlagen wir eine Deckung aus dem Einzelplan vor, bei 3 eine Deckung aus der allgemeinen Rücklage und bei 74 eine Deckung über Kredite.