Die Anklage gegen die Letzte Generation zeigt: Der § 129 StGB gehört reformiert

Marlen Block

Zu der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Neuruppin Angehörige der Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung anzuklagen, erklärt die justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Brandenburg, Marlen Block:

Straftaten abzuurteilen ist das Eine, die Proteste mit schwerer Bandenkriminalität, Mafia, Drogenkartellen etc. gleichzusetzen das Andere. Die Gleichsetzung der Aktionen der Letzten Generation mit schwerer Bandenkriminalität ist absurd und zeigt deutlich, dass die Staatsanwaltschaft Neuruppin hier nicht, wie es wünschenswert wäre, als politisch neutrale Behörde, sondern als Exekutivorgan der Justizministerin, die diese Kriminalisierung forderte, agiert. 

Gerade am heutigen Tag des Grundgesetzes sollten wir uns vor Augen führen, dass friedlicher Protest ganz bewusst von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes geschützt werden sollte. Organisationen wie Amnesty International fordern seit langem eine Reform des §129 StGB, der in Deutschland als Repressionsinstrument nicht etwa gegen Mafia, Drogenkartelle oder Bandenkriminalität eingesetzt wird, sondern ausschließlich gegen politische Bewegungen.

Die Letzte Generation setzt auf friedlichen zivilen Ungehorsam, um auf die Klimakatastrophe und das Versagen der Bundesregierung aufmerksam zu machen. Dazu gehören umstrittene Aktionen wie Sitzblockaden und andere Aktionen, auch leichterer Straftaten - die anders als etwa die Bauernproteste - auch in Brandenburg nie Menschenleben gefährdet oder Unfälle hervorgerufen haben. Während bei den Bauern- und den Corona-Protesten viel Nachsicht walten gelassen wurde, teilt man mit der ganzen Macht des Rechtsstaates gegen diejenigen aus, die an das eigene Versagen in der Klimapolitik erinnern und den akuten Handlungsbedarf, den auch das Bundesverfassungsgericht sieht, einfordern.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist eine Folge der aggressiven Stimmung und Kriminalisierung der Proteste der ‚Letzte Generation‘, die vor allem von rechten und rechtskonservativen Politikerinnen und Politikern befeuert worden ist. Dabei sind die im Grundgesetz garantierten Bürgerinnen- und Bürgerrechte vermehrt in den Hintergrund geraten. Diese Entwicklung ist im Hinblick auf die Bedeutung insbesondere des Grundrechts der Versammlungsfreiheit beunruhigend und gefährlich. 

Wir werden dieser Entwicklung entschieden entgegentreten und das Thema im kommenden Rechtsausschuss und im Plenum thematisieren.