Anhörungsverfahren im Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Notlagenerklärung ist eine Farce!

Ronny Kretschmer

In der gestrigen Sitzung (13.12.) des Ausschusses für Haushalt und Finanzen (AHF) lehnte die Koalition mit ihrer Mehrheit die nach § 81 Absatz 1 Satz 2 beantragte Anhörung zum überwiesenen Antrag „Beschluss über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung in Verbindung mit § 18b Landeshaushaltsordnung“ ab. Stattdessen beschloss sie eine kurzfristige schriftliche Anhörung, die am 18. Dezember 2023 in einer weiteren außerplanmäßigen Sitzung des AHF stattfinden soll.

Dazu erklärt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag Brandenburg, Ronny Kretschmer:

 

„Die Linksfraktion wird sich nicht an dieser von den Koalitionsfraktionen durchgesetzten Alibiveranstaltung beteiligen. Ziel einer solchen Anhörung muss es sein, mit entsprechender verfassungsrechtlicher Expertise zu beraten, ob der Beschlussvorschlag der Koalitionsfraktionen zu einer erneuten Erklärung einer Notlage für das Jahr 2024 dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 Rechnung trägt. Innerhalb dieser kurzen Zeit kann und wird niemand bereit sein, eine substanzielle Stellungnahme zu wesentlichen Verfassungsfragen schriftlich abzugeben!

Auch die von der Koalition beschlossene Anhörung erneut nur anhand schriftlicher Vorlagen durchzuführen, ist abenteuerlich und beschädigt erneut unseren Parlamentarismus. Außer dem stillen Lesen ist so kein Austausch mit den Gutachtern möglich.

Ich fordere die Regierungskoalition auf, diese undemokratische Praxis zu beenden und das fortwährende Beschneiden der Rechte der Opposition endlich zu beenden. Der Zeitdruck, der hier zum wiederholten Male erzeugt wird, ist nicht nachvollziehbar, weil mit dem Notlagenbeschluss nicht das Haushaltsgesetz 2023/2024 außer Kraft gesetzt werden kann. In diesem sind aber die verfassungsrechtlich bedenklichen Regelungen in § 2 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 und § 10 Satz 2 zu Übertragbarkeit von Kreditermächtigungen enthalten, welche abgeleitet aus Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November 2023 gegen das Jährlichkeitsprinzip verstoßen könnten.

Deshalb wiederhole ich unsere Forderung, den Notlagenbeschluss umfassend zu beraten und gemeinsam mit dem notwendigen Nachtragshaushaltsgesetz 2024 zu beschließen. Dieses Vorgehen ist allemal besser, als der Versuch der Koalition in einem scheindemokratischen Hauruck-Verfahren das komplette Brandenburg-Paket womöglich zu torpedieren!

Dieses Vorgehen und die von der Koalition zudem angekündigte Sondersitzung des Landtages am 20.12.2023 offenbaren nicht nur ein merkwürdiges Verhältnis der Koalition zu regulären demokratisch-parlamentarischen Prinzipien – sie offenbaren auch den nicht sachgerechten Umgang mit Steuergeldern, die im erheblichen Maße für die geplanten Sondersitzungen von Ausschuss und Parlament aufgewendet werden müssen.

Scheinbar ist die Angst der Koalition vor dem zu erwartenden Urteil des Landesverfassungsgerichtes zum Doppelhaushalt 2023/2024 und Notlage so groß, dass man unbedingt eine neue Notlageerklärung noch in diesem Jahr durchpeitschen möchte. Angst ist aber nie ein guter Ratgeber!“

Hintergrund:

In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, welche nach dem Ende des Plenums tagte, beschloss dieser mit den Stimmen der Koalition den folgenden von der Koalition selbst vorgeschlagenen Zeitplan zur notwendig gewordenen Anhörung zum Antrag Beschluss über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung in Verbindung mit § 18b Landeshaushaltsordnung (Drucksache 7/8857 Neudruck):

  1. Der Ausschuss führt zum o.g. Beratungsgegenstand eine schriftliche Anhörung durch.
  2. Jede Fraktion kann bis zum 14. Dezember 2023 um 10.00 Uhr einen Anzuhörenden benennen.
  3. Die Anzuhörenden reichen ihre schriftlichen Stellungnahmen bis zum 18. Dezember um 10.00 Uhr ein.
  4. Der Ausschuss führt am 18. Dezember 2023 um 13 Uhr eine Sondersitzung durch und erarbeitet eine Beschlussempfehlung an den Landtag.