29. März 2021
Newsletter Minderheitenpolitik Nr. V

Liebe Leserinnen und Leser,

in den vergangenen drei Monaten haben wir uns in bewährter Weise für die in Brandenburg lebenden autochthonen Minderheiten, die Sorben/Wenden und die deutschen Sinti und Roma, sowie für die Regionalsprache Nieder­deutsch (Platt) im Landtag und bei unmittelbaren Kontakten mit Akteurinnen und Akteuren der Minderheitenpolitik eingesetzt. Mit der Großen Anfrage zur Erarbeitung des Mehrsprachigkeitskonzepts, mit mehreren Anträgen sowie Redebeiträgen im Plenum, Mündlichen Anfragen sowie verschiedenen Presseerklärungen hat DIE LINKE deutlich gemacht, welche Anforderungen sie für die Landespolitik in diesem Politikbereich sieht. Lesen Sie selbst.

Dieser Newsletter wird an Kontaktadressen von Vereinen, Einrichtungen und Initiativen geschickt, die auf den jeweiligen Internetseiten öffentlich zu­gänglich sind. Gerne können Sie den Newsletter an mögliche weitere Inte­ressentinnen und Interessenten weiterleiten. Wenn Sie Ihn direkt abonnie­ren oder nicht mehr erhalten wollen, schicken Sie uns bitte eine kurze Mail.

Bleiben Sie gesund

Ihre Kathrin Dannenberg
(Sprecherin für Minderheitenpolitik)

 

Mehr Minderheitenrechte auf EU-Ebene

 

Ziel der 2017 gestarteten Europäische Bürgerinitiative „Minority Safepack – ein Million Unterschriften für Vielfalt in Europa“ war es, den Schutz für Angehörige nationaler und sprachlicher Minderheiten zu verbessern sowie kulturelle und sprachliche Vielfalt auf der Ebene der Europäischen Union zu stärken. Dazu wurden Vorschläge für Maßnahmen in den Bereichen Sprachenpolitik, Bildung, Kultur, Regionalpolitik, Partizipation, Gleichheit, Medienpolitik sowie Förderpolitik unterbreitet.

Der Landtag Brandenburg hat - wie andere Regionalparlamente in der EU - diese Initiative von Anfang an unterstützt. Auch wir als LINKE sammelten Unterschriften, manch einer wird sich erinnern. Letztendlich unterschrieben mehr als 1,2 Millionen Menschen.

Die Europäische Kommission will aber bis heute nicht einlenken, obwohl sie nach den EU-Verträgen berechtigt ist, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament entsprechende Vorschläge vorzulegen. Die MSPI – wie die Kurzbezeichnung lautet – wurde im Januar 2021 von der Kommission mit fadenscheinigen Argumenten de facto abgelehnt. Das EU-Gremium sah keinen Handlungsbedarf bzw. zum Teil auch keine Handlungsmöglichkeiten.

Vor diesem Hintergrund haben sich in mehreren Mitgliedstaaten der EU Regionalparlamente auf den Weg gemacht, Unterstützung für die Initiative zu organisieren: in den Niederlanden, in Italien und auch in Deutschland. EU-Abgeordnete schrieben einen Offenen Brief an Frau von der Leyen; zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern gehörte  Helmut Scholz aus Brandenburg. Wir als Landtagsfraktion haben im März einen Antrag in den Landtag eingebracht, mit dem die Landtagspräsidentin aufgefordert wurde, die ablehnende Haltung gegenüber der Stellungnahme der Kommission nach Brüssel zu übermitteln.  

Kathrin Dannenberg warb im Landtag: Dieses Parlament, das sich in den vergangenen Jahren immer engagiert für die Rechte der autochthonen Minderheiten eigesetzt hat, muss jetzt gemeinsam mit den Minderheiten weiter Druck auf die Europäische Kommission ausüben. Leider war, wie unsere minderheitenpolitische Sprecherin nach der Debatte feststellte, die jetzige Brandenburger Koalition nicht bereit, dieses wichtige Signal aus dem Landtag mitzutragen. Die gegen den Antrag vorgebrachten Argumente waren nicht überzeugend, sie enttäuschten nicht nur uns Antragsteller. Völlig unbeachtet blieben dabei auch die Schreiben, mit denen der Rat für Angelegenheiten der Sorben/Wenden, die Domowina und die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen für eine Unterstützung der MSPI warben.

DIE LINKE hofft nach wie vor auf ein Einlenken der Koalition. Zumal ja die Chefin der Staatskanzlei am Tag nach der Behandlung des MSPI-Antrages auf Anfrage von Kathrin Dannenberg erklärte: Der Brandenburger Ministerpräsident bekräftigt das Anliegen „dass die Europäische Kommission vor dem Hintergrund der Bedeutung des Minderheitenschutzes die Initiative einer erneuten Prüfung unterzieht.“

Dass es anders geht, zeigt der Schleswig-Holsteinische Landtag. Hier haben am 26. März, zwei Tage nach dem ablehnenden Brandenburger Votum SPD, CDU, FDP, Südschleswigscher Wählerverband und Bündnis90/Die Grünen ein klares Votum für eine weitere Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative abgegeben.

 

Sprachliche und ethnische Minderheiten und der RBB

 

Brandenburg hatte schon zu Zeiten, als es noch den „Ostdeutschen Rundfunk“ (ORB) gab, eine für damalige Verhältnisse vorbildliche Regelung zur Berücksichtigung der Belange der Sorben/Wenden: Das Sorbische war im Programmauftrag enthalten und die Minderheit war im Rundfunkrat vertreten. Das blieb auch so bei der Fusion von ORB und SFB zum Rundfunk Berlin-Brandenburg. Andere Rundfunkanstalten wie der MDR oder der NDR ziehen da jetzt erst nach.

Doch die Zeit bleibt nicht stehen, das gilt auch für die Erwartungen, die die in Brandenburg anerkannte Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die Sprecherinnen und Sprecher der Regionalsprache Niederdeutsch an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben. Sie schrieben diverse Briefe an die Brandenburger Staatskanzlei und auch an die Berliner Senatskanzlei. Thomas Domres hakte da nach mit einer Mündlichen Anfrage nach. Zudem hat die Fraktion im Hauptausschuss einen Antrag eingebracht, mit dem sie u.a. eine Berücksichtigung der Interessen von Sinti und Roma sowie der Platt-Sprecherinnen und Plattsprecher sowie ihre Vertretung im Rundfunkrat erreichen wollte. Die rot-schwarz-grüne Koalition lehnte den Antrag allerdings ab. Noch sind allerdings nicht alle messen gesungen … im Mai soll die Kabinettbefassung stattfinden.

 

Den deutsch-sorbischen Charakter der Lausitz stärken

 

Im Brandenburger Landtag gibt es seit September 2020 den Sonderausschuss „Strukturentwicklung in der Lausitz“. Was an Projekten speziell für die in der Lausitz lebende Minderheit der Sorben/Wenden seitens des Bundes gefördert werden soll, blieb aber bisher ein gut gehütetes Geheimnis der Landesregierung. Deshalb fragte Kathrin Dannenberg in der Sitzung des Landtages am 25. Februar nach, wie denn das Verfahren der Prüfung, Auswahl und Vergabe der in der 2. Säule des Investitionsgesetzes Kohleregionen aussieht? Die Antwort der Chefin der Staatskanzlei Kathrin Schneider war wenig erhellend. Also stellte die Abgeordnete  diese Fragen in der März-Sitzung des Sonderausschusses erneut.

Im Ergebnis der Beratung forderte der Ausschuss Ministerin Schneider auf, sich in Abstimmung mit den Fachressorts in den weiteren Gesprächen mit dem Bund für die Finanzierung bestimmter Schwerpunktbereiche besonders einzusetzen. Dazu gehört – dank des LINKEN Änderungsantrages – neben sechs weiteren Themen auch die Stärkung des deutsch-sorbischen Charakters der Lausitz. Bei der Auswahl der Projekte kommt der Strukturwirksamkeit der eingesetzten Mittel eine besondere Bedeutung zu: Denn diese Mittel sind ja dazu da, den schon laufenden Strukturwandel in der Lausitz abzufedern und Strukturbrüche wie zu Beginn der 90er Jahre zu verhindern. In ihrer Presseerklärung freute sich Kathrin Dannenberg auf viele kreative Ideen aus der sorbischen/wendischen Community.

 

Mehrsprachigkeitskonzept soll nun endlich kommen

 

Unter dem Titel „Ein Mehrsprachigkeitskonzept für Brandenburg auf den Weg bringen und die Stärkung der angestammten Regional- und Minderheitensprachen Brandenburgs fortsetzen“ haben GRÜNE, SPD, CDU und DIE LINKE die Grundlage für einen wichtigen Beschluss des Landtages gelegt. Die Landesregierung wird darin aufgefordert, bis Ende des Jahres Eckpunkte für ein Mehrsprachigkeitskonzept vorzulegen. Im Antrag werden Schwerpunkte für die Sprachen Polnisch, Sorbisch/Wendisch, Niederdeutsch sowie für die Herkunftssprachen von Menschen mit Migrationshintergrund formuliert.

Dass das endlich gelungen ist, freut uns. Denn auch DIE LINKE setzt sich seit langem dafür ein. Als in den Haushaltsberatungen für 2021 sichtbar wurde, dass es im Bildungsministerium bezüglich des Auftrages aus dem Koalitionsvertrag erheblichen Nachholbedarf gibt, haben wir eine Große Anfrage an die Landesregierung formuliert. Die jetzt vorliegende und im Landtag diskutierte Antwort dokumentiert den erreichten Stand anschaulich. Auf 30 Fragen, aufgelistet auf 5 Seiten, folgen auf nur 6 Seiten die Antworten der Landesregierung. Das ist einmalig in der Geschichte des Brandenburger Landtages seit 1990. Umso notwendiger ist jetzt, gemeinsam mit den Vereinen und Gremien, die sich für Mehrsprachigkeit bzw. bestimmte Sprachen einsetzen, endlich vorwärts zu kommen. Kathrin Dannenberg machte im Landtag deutlich: Brandenburg braucht endlich ein Mehrsprachigkeitskonzept und wir werden diesen Prozess weiter konstruktiv-kritisch begleiten.

 

Was hat das Europäische „Jahr der Schiene“ mit der Lausitz zu tun?

 

Eine ganze Menge, meinte Christian Görke zum Start der EU-Aktion am 1. Januar. Denn Brandenburg verfügt auch über eine transeuropäische Schienenmagistrale sowie über eine Vielzahl grenzüberschreitender Schienenverbindungen. Das Land besitzt damit erhebliches Potential, um den Verkehr auf der Schiene zu erweitern. Auch deshalb ist es mehr als ärgerlich, dass Brandenburg zu Beginn des Aktionsjahres mit leeren Händen dasteht. So könnte beispielsweise die Schienenverbindung von Leipzig über Cottbus/Chóśebuz und Guben/Gubin in Richtung Poznań die zunehmenden Engpässe auf der Strecke Berlin-Frankfurt/Oder in Richtung Poznań erheblich kompensieren.

 

Nedderdüütsch – dat is een grooten Schatz!

 

Wie steht es mit dem Niederdeutschen in Brandenburg und was kann die Landespolitik für bessere Rahmenbedingungen tun? Diese Frage bewegt uns LINKE schon seit längeren, wie wir auch in diesem Newsletter des Öfteren dargestellt haben. Im Ergebnis zahlreicher Gespräche mit dem Verein für Niederdeutsch ist ein Antrag entstanden, der nach unserer Auffassung und der des Vereins für Niederdeutsch in Brandenburg e.V. die wesentlichen Aufgabenbereiche umfasst, der sich die Landespolitik gemeinsam mit den Sprecherinnen und Sprechern der Regionalsprache widmen muss.

Noch konnten sich die Koalitionsfraktionen nicht dafür erwärmen, dieses Anliegen gemeinsam mit uns zu tragen. Auch vor diesem Hintergrund haben wir den Antrag jetzt auf die April-Sitzungen verschoben.

Kathrin Dannenberg machte in einer Presseerklärung deutlich: Wir geben die Hoffnung nicht auf, wir werben weiter für unseren Antrag und damit für die berechtigten Anliegen der Niederdeutschen im Land. Ein Mehrsprachigkeitskonzept, das wir unterstützen, von dem aber ungewiss ist, wann es kommt, ist kein Ersatz für das Regierungshandeln im Hier und Heute. Wir haben dabei im Blick, was Adelheid Schäfer, eine der zwei Brandenburger Mitglieder im Bundesraat för Nedderdüütsch, bereits vor acht Jahren bei einem Gespräch im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport des Landtages feststellte: Das Ganze wird problematisch, wenn man den Zeitfaktor einbezieht. Zeit ist in Sachen Niederdeutsch das Einzige, was wir wirklich nicht haben. Der Satz ‚Mit den Sprechern stirbt die Sprache‘ schwebt wie ein Damoklesschwert über uns.“

 

Proschim/Prožym bleibt

 

Am 14. Januar war es endlich soweit: Die LEAG änderte ihren Revierplan. Das, wofür auch wir uns lange eingesetzt hatten, wurde wahr - keine Abbaggerung von Proschim/Prožym. Thomas Domres erklärte dazu: Wir freuen uns darüber, dass es mit dem Verzicht auf Welzow II (Teile des Kerngebiets der Stadt Welzow/Wjelcej und dem Ortsteil Proschim/Prožym) nach 150 Jahren Kohlebergbau keine Abbaggerung von sorbischen/wendischem Siedlungsgebiet in Brandenburg mehr geben wird. Endlich haben die Bürgerinnen und Bürger von Proschim/Prožym Sicherheit. Sie müssen ihre Heimat nicht aufgeben. Ziel muss aber sein, dass kein Dorf in Deutschland mehr einem Tagebau zum Opfer fällt!

 

Und auch das geschah dank der LINKEN

 

Das war schon ein richtiger Knaller: Als erster Kreistag hat der von Spree-Neiße / Sprjewja-Nysa am 24. Februar beschlossen, ab 2022 jährlich ein Stipendium für eine Studentin oder einen Studenten zu vergeben, der sich verpflichtet, künftig als Sorbisch-Lehrkraft im Landkreis zu arbeiten. Die Frau, die das initiiert hat, kennt die Probleme mit dem fehlenden Lehrer-Nachwuchs: Margit Neugebauer, Mitglied des Kreistages und dort Vorsitzende des Ausschusses für sorbische/wendische Angelegenheiten. Glückwunsch an die Kreistagsfraktion der LINKEN zu dieser tollen Idee, die für andere Kreise und die kreisfreie Stadt Cottbus/Chóśebuz zweifelsohne nachahmenswert ist. Gut auch, dass diese Initiative der LINKEN in Spree-Neiße auch breite Anerkennung in der Sitzung des  Rates für Angelegenheiten der Sorben/Wenden am 23. März fand. Mehr auf der Facebook-Seite der Kreistagsfraktion.

 
 

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