Zu den Forderungen der Innenministerkonferenz

Marlen Block

Anlässlich der zu Forderungen der Innenministerkonferenz (MK ) nach härteren Strafen für Angriffe auf Politikerinnen erklärt die rechts- und innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Brandenburg, Marlen Block:

„Die aktuellen Angriffe auf Politikerinnen und Politiker durch körperliche, aber auch verbale, Gewalt verurteilen wir auf das Schärfste. Wir sehen seit Jahren mit Sorge die zunehmende Aggressivität gegen politische tätige Menschen. Nicht erst seit dem Mord an Walter Lübke, seit NSU 2.0 und deren Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker, wissen wir um die Gefahren, die vor allem von Rechtsextremen ausgehen. Hass und Hetze im Netz sind seit Jahren ein täglicher Begleiter vieler ehrenamtlich oder hauptberuflich tätigen Politikerinnen und Politikern.

Zu dem Beschluss der IMK, härtere Strafen für Angriffe auf Politikerinnen und Politiker zu fordern, kann man allerdings nur das Zitat von Mark Twain bemühen: ‚Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, sieht in jedem Problem einen Nagel‘.

Dass härtere Strafen keine wirksame Lösung für gesellschaftliche Probleme und deren strafrechtliche Auswüchse sind, ist bekannt und wissenschaftlich bewiesen. Auch die Fallzahlen bei anderen Delikten wie Angriffe auf Polizeibeamtinnen und -beamte, sogar bei Missbrauchsdelikten oder schwersten Taten wie Mord und Totschlag, sind nicht rückläufig, seit dem Strafrahmen verschärft wurden. Angst vor Strafe ist - anders als von vielen angenommen - kein entscheidender Faktor für oder gegen eine Straftatbegehung. Das gilt gerade auch bei impulsiven Taten, wie Beleidigungen, Bedrohungen oder Körperverletzungen. Es ist schlicht wesentlich einfacher, harte Strafen zu fordern und den Ball der Verantwortung in das Feld der Justiz zu spielen, als selbst Verantwortung zu übernehmen und an den Bedingungen, die zu den Angriffen führen, etwas zu ändern. Das Klima, welches Aggression und Radikalisierung füttert, geht von der Politik selbst aus. Die AfD hat durch ihre Rhetorik in den Parlamenten, auf der Straße und in ihren Social Media-Auftritten seit Jahren den Nährboden bereitet und Ängste und Hass geschürt.

Demokratische Parteien, die Forderungen der AfD übernehmen, die Minderheiten nicht schützen, sondern Ressentiments gegen Geflüchtete, Bürgergeldempfänger, Trans*personen u.a. mit ihrer Politik mittragen, tragen auch eine Verantwortung für das jetzige gesellschaftliche Klima im Land. Wer gegen andere Parteien hetzt und gemeinsam mit der extremen Rechten etwa die Grünen als Feindbild stilisiert, andere Politikerinnen und Politiker lächerlich macht, wer auf Hilferufe aus Schulen wie in Burg nicht reagiert, Lehrerkräfte allein lässt in ihrem Kampf gegen rechte Umtriebe an Schulen, wer Rechtsextremisten in Schulen debattieren lässt, wer bei allen Haushaltsverhandlungen die Gelder für Projekte gegen Rechtsextremismus oder für Demokratiebildung auf den Prüfstand stellt, der hat nicht verstanden, welche Maßnahmen wirklich zu ergreifen wären, um Übergriffe und Angriffe auf Politikerinnen und Politiker zu verhindern.

Es ist dringend an der Zeit Gelder bereitzustellen für Schulsozialarbeit, für Demokratiebildung, für Opferberatung. Es ist dringend an der Zeit ein Zeichen zu setzen, dass man die gesellschaftlichen Entwicklungen auch in den Schulen sieht und dort pädagogisch bearbeitet. Harte Strafen helfen nicht, im Jugendbereich schon gar nicht. Es gilt in diesem Bereich die wissenschaftlich nachgewiesene Regel: Je härter die Strafe, desto wahrscheinlicher ein Rückfall. Es ist also dringend an der Zeit, den Werkzeugkasten auszubauen und nicht nur den Hammer zu schwingen, wenn man eigentlich ein ganzes Haus bauen möchte.“