Gaspreisdeckel für Brandenburg

Vergünstigte Grundkontingente für private Haushalte – eine sozial und ökologisch zielgerichtete Maßnahme gegen die Preisexplosion im Energiebereich.

Der Gaspreis in Brandenburg hat sich gegenüber 2021 fast verdoppelt. Während 2021 im Schnitt etwa 9,5 ct/kWh für die Kilowattstunde Erdgas fällig waren, steigt der Preis ab Oktober 2022 auf knapp 15 ct/kWh. Ein Mehrpersonenhaushalt mit einem Verbrauch von 18.000 kWh zahlt dadurch in 2022 1.000 Euro mehr als im Vorjahr.  

Wie sollen Haushalte mit schmalem Einkommen das schaffen? Haushalte können sich nicht kurzfristig aussuchen, womit sie heizen und Warmwasser erzeugen. Miethaushalte sowieso nicht. Gegen solche Kostenexplosionen kann man nicht ansparen – Haushalte müssten ihren Verbrauch auf ein Drittel senken, um die Preissteigerung auszugleichen. Das funktioniert nicht.

Die regierende Bremer Linksfraktion hat deshalb einen Gaspreisdeckel für die privaten Haushalte der Hansestadt vorgeschlagen. Wir haben durchgerechnet, was ein solches Modell für Brandenburg kosten würde – und wie stark Verbraucher*innen in Brandenburg dadurch entlastet würden.

Als Linksfraktion wollen wir den Gaspreis in Brandenburg auf dem märkischen Durchschnittsniveau von 2021 – also bei einem Arbeitspreis von 9,5 ct/kWh – durch entsprechende Landeszuschüsse stabil halten. Die Deckelung des Preises soll allerdings lediglich ein Grundkontingent von 8.000 kWh für die erste Person und 4.000 kWh für jede weitere Person im Haushalt umfassen. Der darüber liegende Verbrauch würde nicht subventioniert. Damit wollen wir zum einen eine soziale Staffelung und zum anderen Anreize zur Einsparung von überproportional hohem Gasverbrauch erreichen.

Die Differenz, die den Gasversorgungsunternehmen dadurch an Einnahmen verloren geht, können diese beim Land abrechnen. Der staatliche Zuschuss soll allerdings nur 80% der Absenkung für das Grundkontingent betragen – die anderen 20% sollen durch die Gasversorger auf die höhere Preisstufe aufgeschlagen werden, die für höheren Verbrauch fällig wird. Das ist nicht nur günstiger für das Land, sondern es erhöht zudem die soziale und ökologische Lenkwirkung der Maßnahme. Haushalte mit höherem Verbrauch (also wohlhabendere, die mit weniger Personen auf mehr Fläche wohnen) würden sich so an der Subventionierung des Grundkontingents beteiligen und einen Teil ihres Subventionsbetrags zurückgeben. Billiger als ohne Deckelung wäre es trotzdem für alle. Die Anbieter hätten nach einem gesplitteten Tarif abzurechnen: Günstigerer Preis für das Grundkontingent, höherer Preis für den Verbrauch darüber. Entsprechende Vereinbarungen muss das Land mit den Gasversorgungsunternehmen im Land Brandenburg treffen. Die Haushalte müssten ihren Anbietern hierfür die Zahl der darin lebenden Personen übermitteln. (Was im Fall einer stichprobenartigen Überprüfung dem Abgleich mit der Meldebestätigung standhalten müsste.) In den Fällen, in denen das Vertragsverhältnis mit dem Wohnungseigentümer besteht, müsste dieser die Personenzahl übermitteln.

Bei einem angenommenen Gesamt-Gas-Verbrauch von 8,5 TWh im Jahr 2022 in Brandenburg und einer Subventionierung des Gas-Preises von etwa 4,5 ct/kWh (80 Prozent von 5,5 ct/kWh, also der derzeit durchschnittlichen Mehrkosten zum Jahresschnitt von 2021) lägen die jährlichen Kosten bei etwa 380 Mio. Euro. Nehmen wir an, dass der Deckel ab 1. Oktober 2022 – zugleich mit der Gas-Umlage – greift, würde der Landeshaushalt in diesem Jahr mit unter 100 Millionen zusätzlich belastet.
Das ist finanzierbar. (Mehr Informationen zur Finanzierbarkeit.)

Einem Mehrpersonenhaushalt mit 18.000 kWh Gasverbrauch im Jahr würden dadurch Mehrkosten von ca. 1.000 Euro (5,5ct/kWh) im Jahr erspart, 2022 Mehrkosten in Höhe von ca. 250 Euro.

 

Hintergrund:
 

Was die Bundesregierung bislang macht, reicht nicht

Die von der Bundesregierung bislang beschlossenen Entlastungen reichen in keiner Weise aus. Sie kommen spät, sind teilweise mit bürokratischen Hürden und zusätzlichen Wartezeiten verbunden (Wohngeld), lassen ganze soziale Gruppen aus (Rentner*innen, Studierende) und reichen einfach nicht. Das haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute vielfach belegt.

Die Zahlen sprechen für sich: Die Bundesregierung hat den Umfang ihrer beiden Entlastungspakete selbst mit 30 Milliarden Euro angegeben. Mit der Gasumlage werden für 34 Milliarden die Gasimporteure (Uniper, Wingas, VNG usw.) gerettet. Anders als in der Finanzkrise oder der Corona-Krise springt aber nicht der Staat ein (im Gegenzug zu staatlicher Beteiligung), sondern die Gaskund*innen – Haushalte und Unternehmen.
 

Ein Gaspreisdeckel ist die richtige Lösung

Andere Länder machen es anders. 9 von 27 EU-Ländern (Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien usw.) haben einen Gaspreisdeckel eingeführt. Der Staat legt eine Obergrenze für den Gaspreis fest, den private Haushalte zu zahlen haben. Das kann ein fester Betrag sein, wie viel die kWh maximal kosten darf. Oder es kann eine Begrenzung der prozentualen Preiserhöhung sein. In jedem Fall geht es nur um den Preis, den die privaten Haushalte zu zahlen haben – für Gewerbe und Industrie gilt der Gaspreisdeckel nicht. Daher gibt es auch keine Probleme mit dem europäischen Beihilferecht. Für Deutschland macht nur die Variante mit einer Deckelung der Preiserhöhung zu einem gewissen Stichtag (zum Beispiel: Durchschnittspreis 2021) Sinn, weil die Gaspreise regional höchst unterschiedlich sind.

Staatliche Preiskontrolle ist nichts Ungewöhnliches. Bis 2007 gab es in Deutschland z.B. die staatliche Preisaufsicht für Strompreise. Auch die Post muss sich ihre Preiserhöhungen fürs Briefporto bis heute staatlich genehmigen lassen.

Letztlich muss der Staat das Geld, das den Energieversorgern durch einen Preisdeckel fehlt (Sie müssen ja Gas trotzdem immer teurer einkaufen.), zuschießen. Vorher aber zwingt er sie dadurch, Gewinne aus anderen Geschäftsfeldern gegenzurechnen oder Rücklagen aus früheren Jahren aufzubrauchen – und schließt überhöhte Profitraten aus. Die Gasversorger würden den staatlichen Zuschuss für den Preisdeckel auf der Grundlage eines entsprechenden Antragsverfahrens erhalten.
 

Ein Gaspreisdeckel für Brandenburg

Und wenn der Bund nicht handelt? Dann sollten, so wie wir das vom Mindestlohn und anderen Maßnahmen kennen, die Länder vorangehen. Zusätzliche Belastungen durch den Bund, wie mit der Gasumlage, können die Länder nicht kompensieren. Aber wo der Bund nicht handelt, können sie ihren Gestaltungsraum wahrnehmen, bis hoffentlich der Bund irgendwann nachzieht. Auch in der Corona-Krise haben die Länder eigene Hilfsprogramme aufgelegt, um die Lücken zu füllen, die der Bund lässt. Schließlich tragen sie die Verantwortung, ihre Bürger*innen so gut es geht durch die Krise zu bringen, und soziale Verwerfungen zu verhindern.

Ein Gaspreisdeckel für das Land Brandenburg würde nach aktuellem Stand etwa 380 Mio. Euro im Jahr an staatlichem Zuschuss kosten. Dafür würden die Haushalte mit geringerem Verbrauch (und d.h. geringerem Einkommen) vollständig vor weiteren Gaspreiserhöhungen in 2023 geschützt. Die Haushalte mit höherem Verbrauch (d.h. mit höherem Einkommen) würden auch davon profitieren, aber nicht in vollem Umfang.

 

 

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