19. Dezember 2022
Newsletter Minderheitenpolitik Nr. IX

Liebe Leserinnen und Leser,

in den vergangenen Monaten haben wir uns in bewährter Weise für die in Brandenburg lebenden autochthonen Minderheiten, die Sorben/Wenden und die deutschen Sinti und Roma, sowie für die Regionalsprache Nieder­deutsch (Platt) im Landtag und bei Arbeitskontakten mit Akteurinnen und Akteuren der Minderheitenpolitik eingesetzt. Mit Änderungsanträgen zum Landeshaushalt, Kleinen und Mündlichen Anfragen sowie verschiedenen Presseerklärungen hat DIE LINKE im Landtag deutlich gemacht, welche Anforderungen sie für die Landespolitik in diesem Politikbereich sieht. Wichtig war uns in diesem Zusammenhang, dass die weitreichenden Beschlüsse des Landtages zu den Regional- und Minderheitensprachen und zur Bekämpfung von Antiziganismus vom 23. Juni 2022 durch die Landesregierung tatsächlich umgesetzt werden.

Dieser Newsletter wird an Kontaktadressen von Vereinen, Einrichtungen und Initiativen geschickt, die auf den jeweiligen Internetseiten öffentlich zu­gänglich sind. Gerne können Sie den Newsletter an mögliche weitere Inte­ressentinnen und Interessenten weiterleiten. Wenn Sie Ihn direkt abonnie­ren oder nicht mehr erhalten wollen, schicken Sie uns bitte eine kurze Mail.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

Ihre Kathrin Dannenberg

 

 

Mehrsprachigkeitskonzept und Niederdeutsch-Gesetz ohne angemessene Finanzierung?

 

Kurz vor Weihnachten hat der Landtag den Landeshaushalt für die Jahre 2023 und 2024 beschlossen – damit ist auch festgelegt, welche finanziellen Mittel bis zur Landtagswahl für die Förderung der Regional- und Minderheitensprachen zur Verfügung stehen sollen. Positiv ist, dass die Mittel nicht gekürzt wurden, sondern – wie es im Fachjargon der Finanzer heißt – „überrollt“ wurden, also auf dem Stand von 2022 eingefroren wurden.

Doch was bedeutet das für die Umsetzung der neuen, weitreichenden Ansätze, die der Landtag mit der Aufnahme der Förderung des Niederdeutschen und des Auftrags zur Erarbeitung eines Mehrsprachigkeitskonzepts in die Landesverfassung formuliert hat? Die Antwort der Landesregierung ist einfach: Es wird keine zusätzlichen Mittel geben. Und dies in einer Zeit, in der der Landeshaushalt Rekordhöhe erreicht hat. DIE LINKE hat dieses Defizit des Landeshaushalts exemplarisch mit zwei Änderungsanträgen verdeutlicht. Wir haben die Erhöhung von Niederdeutsch-Mitteln für die Kommunen (+ 50.000 Euro/p.a.) und für freie Träger (+ 100.000 Euro/p.a.) beantragt. Beide Anträge wurden abgelehnt – im Ausschuss mit der Begründung, dass man ja noch nicht wisse, wie viel Geld man benötige. Das ist die Koalitions-Logik: Dann stellt man lieber gar nichts ein...!

 

Mehrsprachigkeitskonzept: Noch immer nichts Neues

 

Kathrin Dannenberg / Foto: © Ben Gross

Im laufenden Jahr 2022 sollte die Umsetzung des Mehrsprachigkeitskonzepts beginnen, so hatte es der Landtag im März 2021 beschlossen. „Gemach, gemach“ lautet auch bei diesem Parlamentsauftrag das Motto der Landesregierung. Kommst Du heute nicht, kommst Du vielleicht morgen … oder übermorgen? Zum Jahresende 2022 liegt jedenfalls nichts vor. Ob und wie das, was dann vielleicht im Jahr 2023 kommt, umgesetzt wird, ist jetzt schon klar. Denn zusätzliches Geld wird es laut Koalition für den Ausbau der Mehrsprachigkeit nicht geben, obwohl dieses Konzept neben der Revitalisierung der Regional- und Minderheitensprachen auch eine große ökonomische Bedeutung für die Zukunft unseres Landes hat.

 

Gedenken zum 80. Jahrestag des Himmler-Erlasses

 

Mitte Dezember fand im ehemaligen KZ Sachsenhausen das traditionelle Gedenken an die in der NS-Zeit verfolgten und ermordeten Sinti und Roma statt. Unter den Teilnehmer*innen war unsere minderheitenpolitische Sprecherin Kathrin Dannenberg. Anlass war diesmal der 80. Jahrestag des Himmler-Erlasses vom 16. Dezember 1942, auf dessen Grundlage mehr als 20.000 Sinti und Roma aus „Rassegründen“ in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Unter ihnen waren Anfang März 1943 mehr als 100 Sinti und Roma aus Bernau, Herzberg (Elster), Wittenberge und Zehdenick - Männer, Frauen und Kinder. Die Sintezza Roswitha B. aus Bernau verstarb dort noch vor ihrem ersten Geburtstag. Hunderte Angehörige der Minderheit, die in Brandenburg ihre Heimat hatten, folgten. Wie bei den Juden konfiszierte man ihre „Vermögenswerte“ zugunsten des Deutschen Reiches. Sowohl der Transport nach Auschwitz als auch die „Verwertung“ ihres Eigentums erfolgten in aller Öffentlichkeit, u.a. auf öffentlichen Auktionen der Finanzämter. Nur wenige überlebten das Martyrium der Konzentrationslager. Nach der Befreiung kehrten einige von ihnen in ihre Heimat Brandenburg zurück. Noch heute leben Nachfahren der Überlebenden in unserem Land.

Ihnen und allen Sinti und Roma sind wir es schuldig, immer wieder neu an die unmenschlichen Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern und der Toten zu gedenken. Vor allem aber müssen Politik und Zivilgesellschaft heute der Diskriminierung von Sinti und Roma im Alltag entgegenwirken, so wie es seit Juni 2022 unsere Landesverfassung und ein Landtagsbeschluss gebieten.

 
 

Zweiter Plan zur Förderung der niedersorbischen Sprache

 

Vor allem dank der Anstrengungen im für nationale Minderheiten zuständigen Referat des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung liegt nunmehr eine zweite Auflage des Landesplans zur Stärkung der niedersorbischen Sprache vor. In der Landtagsdebatte stellte Kathrin Dannenberg den Landesplan in den Zusammenhang mit der Sicherung von Grund- und Menschenrechten – national wie auch im europäischen Maßstab. Besonders hob sie hervor, dass der zweite Landesplan ein übergeordnetes langfristiges Ziel formuliert - Niedersorbisch soll zum Kommunikationsmittel in allen Lebensbereichen werden. Das sei, gemessen am heutigen Stand, eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

 

Offen, wann das Verwaltungsgericht entscheidet

 

Auch im 3. Quartal 2022 legte sich das Verwaltungsgericht Cottbus nicht fest; noch immer gibt es keinen Termin dafür, wann das Gericht über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zur Zugehörigkeit von Gemeinden zum Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden verhandelt. Entgegen der vorherigen, wiederholt revidierten Zusage! Das Gericht behauptet zwar, dass der Verfahrenskomplex, zu dem der Rechtsstreit gehört, mittlerweile oberste Priorität genieße. Dennoch wurde der Termin erneut verschoben: Ende 2022 bzw. Anfang des nächsten Jahres wolle man einen Termin für die Verhandlung festlegen, wahrscheinlich beginnend mit zwei oder drei exemplarischen Fällen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich vor Weihnachten noch was tut. Kathrin Dannenberg hat dazu nachgefragt.

 

Die Strukturentwicklung der Lausitz im Blick

 

Auch im vergangenen Monaten gab es eine ganze Reihe von Mündlichen und Kleinen Anfragen, die die Entwicklung der Lausitz betrafen. Kathrin Dannenberg, Anke Schwarzenberg und Isabell Vandre fragten nach dem Zwischenstand zur Umsetzung des Kulturplans Lausitz. Anke Schwarzenberg, unsere Sprecherin für Strukturwandel der Lausitz, stellte Anfragen nach der Umsetzung des Aktionsplanes Spreewald 2023, dem Windkraftmoratorium in der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald, nach der Genehmigung von Windrädern und Freiflächenphotovoltaikanlagen auf Bergbaufolgelandschaften, dem Umgang mit steigenden Kosten bei Strukturwandelprojekten in Zuständigkeit des Landes und der Lausitzer Kommunen sowie der Berücksichtigung von Erneuerbaren Energien im Braunkohlenplan-Tagebau Jänschwalde und im Tagebau Welzow-Süd. Eine Mündliche Anfrage unseres verkehrspolitischen Sprechers Andreas Büttner bezog sich auf die beschleunigte Umsetzung des Baus eines zweiten Gleises zwischen Lübbenau und Cottbus. Die enttäuschende Antwort darauf von Minister Beermann  ist hier nachlesbar.

 
 

Ausblick auf den Januar 2023

 

Gut ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem der Landtag dem Antrag „Brandenburg steht in der Pflicht - Antiziganismus konsequent entgegentreten“ mit großer Mehrheit zustimmte. Was die Landesregierung seitdem gemacht hat, bleibt auch nach der Beantwortung einer Mündlichen Anfrage von Kathrin Dannenberg im November 2022 eher im Dunklen. Die Kernaussage der Landesregierung lautet: „Da es sich bei der Bekämpfung des Antiziganismus um ein Querschnittsanliegen handelt, dass sich an die Mehrheitsgesellschaft richtet, werden in der Landesregierung gegenwärtig die Zuständigkeiten geklärt, um danach die entsprechenden Strukturen aufzubauen. Die bisherigen Strukturen der Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen der nationalen Minderheit der deutschen Sinti und Roma reichen hier noch nicht aus. Insofern wird die vollständige Umsetzung des Landtagsbeschlusses noch etwas Zeit benötigen.“ Hat die Landesregierung tatsächlich sechs Monate verstreichen lassen, ohne dass die Federführung für die Umsetzung des Beschlusses geklärt wurde? Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschlossen, die Umsetzung dieses Beschlusses sowie des in der gleichen Sitzung gefassten Beschlusses zur Bekämpfung von Antisemitismus auf die Tagesordnung des Hauptausschusses zu setzen. Im Ausschuss soll die Landesregierung Farbe bekennen, was sie bisher in Umsetzung der Beschlüsse des Landtages getan hat.

Die Umsetzung des Landtagsbeschlusses zur Erarbeitung eines Niederdeutsch-Gesetzes vom März 2021 war von Anfang an ein wichtiges Anliegen unserer Fraktion. Im August hatte Kathrin Dannenberg dazu erneut eine Kleine Anfrage gestellt. Die Landesregierung musste in ihrer Antwort einräumen, dass es zu erheblichen Zeitverzögerungen bei der Vorlage des vom Landtag geforderten Beschlusses gekommen sei. Dazu haben wir in einer Presseerklärung unsere Position deutlich gemacht und uns erneut für ein Niederdeutsch-Gesetz ausgesprochen. Seit Mitte November liegt der Bericht nun endlich vor, allerdings ohne dass ein Gesetzentwurf beigefügt wurde. Also wieder eine Verzögerung, die nicht notwendig gewesen wäre. Schon im vergangenen Jahr war ein Referentenentwurf mit dem Verein für Niederdeutsch und mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutiert worden. Der Bericht wurde jetzt in den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur überwiesen; dieser wird hoffentlich im Januar einen Auftrag an die Landesregierung formulieren, zeitnah einen Gesetzentwurf für ein Niederdeutsch-Gesetz vorzulegen.

Beide Ausschusssitzungen finden am 18. Januar statt und sind über den Livestream des Landtages anschaubar.

 
 
 

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